Rückblick auf die bag-if-Jahrestagung 2014

Unter dem provokantem Titel „Integrationsfirmen: Die Sozialunternehmen Deutschlands“ untersuchte die diesjährige Jahrestagung der bag-if Trends in der beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderung. Kenntnisreich und gut gelaunt führte Axel Grassman aus Hamburg (Vorstand bag-if) durch die Tagung. Er ersetzte damit den leider erkrankten Geschäftsführer der bag-if, Berthold Sommer.

Der erste Vorsitzende der bag-if, Dr. Fritz Baur begrüßte am 1. und 2. Juli in Suhl die über 300 Tagungsteilnehmer, die aus allen Regionen Deutschlands angereist waren. Herr Dr. Baur stellte in seiner Ansprache die wichtigsten politischen Anliegen und Forderungen der bag-if heraus. Er bezog sich damit auch auf die Lahnsteiner Erklärung die auf der letztjährigen Jahrestagung verabschiedet worden war.

Hildigund Neubert erläutert die Bedeutung der Integrationsfirmen in Thüringen.

Frau Neubert erläutert die Bedeutung der Integrationsfirmen in Thüringen.

Als Antwort auf Dr. Baurs einleitende Worte beleuchtete die Staatssekretärin der Staatskanzlei Thüringen, Hildigund Neubert die Rolle von Sozialunternehmen bei der Umsetzung inklusiver Arbeit am allgemeinen Arbeitsmarkt. In Ihrer Rede betonte Frau Neubert die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Integrationsfirmen für die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung. Sie schickte damit eindeutige Impulse in das Land Thüringen, Integrationsfirmen als Konzept weiter zu unterstützen.

Anschließend untersuchte Dr. Peter Mozet, Ministerialrat und Leiter des Referat Va2 im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, in seiner Präsentation zukünftige Perspektiven für Integrationsfirmen. Dr. Mozet (die Präsentation finden Sie hier) erläuterte in seinem Vortrag den

Dr. Peter Mozet untersuchte die Perspektiven für Integrationsfirmen.

Dr. Mozet untersuchte Perspektiven für Integrationsfirmen.

gemeinsamen Vorstoß unterschiedlicher Akteure aus Wirtschaft und Politik für mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung. Die größte Möglichkeit für Integrationsfirmen identifiziert er dabei im Budget für Arbeit: „Wo werden Menschen mit Behinderung arbeiten, wenn das Budget für Arbeit flächendeckend umgesetzt sein wird?“ machte Herr Dr. Mozet die anwesenden Mitglieder und Gäste der Jahrestagung auf das kommende Potential des Budgets für Arbeit aufmerksam. „Hier können die Integrationsfirmen tätig werden.“ Um diese Möglichkeit für die Zukunft auszubauen rät Herr Dr. Mozet den Integrationsfirmen, auf der einen Seite mehr Transparenz in der Mittelverwendung zu beweisen. Dadurch, so Dr. Mozet, könne die Politik die effektive und effiziente Arbeitsweise von Integrationsfirmen erkennen. Auf der anderen Seite legte Herr Dr. Mozet den Zuhörer ans Herz, zukünftig weitere Finanzierungsmöglichkeiten – über staatliche Mittel hinaus – ausfindig zu machen.

Blick in den Saal auf der Jahrestagung 2014.

Blick in den Saal auf der Jahrestagung 2014.

Dr. Stahl.

Dr. Stahl erörterte Fördermöglichkeiten.

Das Thema alternative Finanzierung wurde am selben Tag in der Focusgruppe von Herrn Dr. Erwin Stahl des deutschen Venture Philanthropy Funds BonVenture und Manuals Kisker der FAF erneut aufgegriffen (hier herunterladbar). In ihrer Präsentation und anschließenden Diskussion mit dem Publikum zeigten sie Möglichkeiten auf, Investitionen aus diversen Quellen zu erhalten. Als Beispiel nannte Dr. Stahl unter anderem Dr. Andreas Heineckes Sozialunternehmen Dialog im Dunkeln, welches mithilfe einer Finanzierung durch BonVenture die Möglichkeit zum Wachstum erhielt.

Anknüpfend an die Ergebnisse des Vortages stellte Herr Dr. Heinecke am zweiten Tag der Jahrestagung die Umsetzung der Integrationsfirma

Dr. Heinecke sprach über social entrepreneurship.

Dr. Heinecke sprach über social entrepreneurship.

„Dialog im Dunkeln“ vor. Das Sozialunternehmen ermöglicht durch ein innovatives Konzept weltweit die Anstellung von Menschen mit Sehbeeinträchtigung (hier die Präsentation). Damit öffnete er den weiteren Dialog über die Bedeutung des Begriffs „Sozialunternehmertum“. Deutlich wurde hier vor allem die unterschiedlichen Verständnisformen der Begriffs „Sozialunternehmen“ und dessen lange Entstehungsgeschichte.

Dr. Faltin sprach sich für mehr Innovation aus.

Dr. Faltin sprach sich für mehr Innovation aus.

Prof. Dr. Günter Faltin (hier Vortrag zum Download) vertiefte Herrn Heineckes Einblicke und motivierte die Zuhörer zu mehr Risikobereitschaft. Mit der Aussage „Wir brauchen mehr Spinner!“ erinnerte er daran, innovative Herangehensweisen weiter in Firmen zu fördern. Dabei sollen jedoch nicht die Vorzüge eines „kühlen“ Organisators übersehen werden, so Prof. Dr. Faltin. Beide Persönlichkeiten seien notwendig, um erfolgreich Sozialunternehmen und vor allem auch Integrationsfirmen – „die Pioniere der Sozialunternehmen,“ so Dr. Faltin – zu gründen und zu führen. Diese Perspektive deckte sich mit der von Herrn Dr. Fritz Baur, 1. Vorsitzender der bag-if, der Tags zuvor auf einer Podiumsdiskussion zusammen mit Dr. Richard Auernheimer (Beiratsvorsitzender bag-if), Dr. Heinecke, Dr. Stahl und Bertram Sellner (erweiterter Vorstand bag-if) Integrationsfirmen als Teil der normalen Wirtschaft definierte. Herr Dr. Baur äusserte, dass gute Betriebsführung und unternehmerische Gestaltungsspielräume für den Erfolg von Integrationsfirmen nötig seien.

Axel Grassmann, Vorstand bag-if

Axel Grassmann, Vorstand bag-if, moderierte die Tagung.

Die Vorträge und Diskussionen auf der diesjährigen Jahrestagung regten zu einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Konzept „Sozialunternehmertum“ an. Frau Claudia Rustige, 2. Vorsitzende der bag-if fasste die Veranstaltung kritisch zusammen: „Der Titel dieser Tagung ist für mich nicht nur die Beschreibung einer Vision. In Integrationsfirmen ist er bereits Realität.“ Die Jahrestagung gab entscheidende Impulse, zwischen der traditionsreichen Bewegung der Integrationsfirmen und dem neuen Trend von social entrepreneurship zu vermitteln. Die nächste Jahrestagung am 16. und 17. Juni 2015 in Goslar mit dem Thema „Wirtschaft trifft Soziales“ wird weitere Erkenntnisse in dieser Diskussion geben.

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